Deutsche Siedler im Kaukasus

Im Westen sind heute die Heiligen drei Könige an der Reihe, in Georgien und all jenen orthodoxen Ländern, die nach dem julianischen Kalender leben, ist heute Heilig Abend. Für mich war vor 13 Tagen Heilig Abend und ich war wunderfitzig, am Weihnachtstag wiederum eine andere Kirche zu entdecken. Nachdem ich im 2015 eine katholische Kirche besuchte, deren Gottesdienst auf Englisch war und vorwiegend von nicht-Georgiern frequentiert wurde, war es letztes Jahr die katholische Kirche, die auf Georgisch für die Einheimischen zelebrierte. Dieses Jahr machte ich einen Abstecher in die evangelisch-lutheranischen Kirche, der Gottesdienst war auf Deutsch, Russisch und Georgisch. Evangelisch-lutheranisch? Süddeutsche Siedler von Anfang 19. Jhdt sind die Vorfahren der heute, wie mir schien, ziemlich kleinen Tifliser Gemeinschaft dieser Glaubensrichtung. Die neue Kirche ist 10 Jahre alt, nachdem jene von 1897 Mitte 20. Jhdt zerstört wurde. Präsident Schewardnadse gab ums Jahr 2000 der Gemeinschaft das Recht, auf dem deutschen Friedhof eine neue Kirche zu bauen. Wir befinden uns im Quartier Tschugureti, das noch viele alte Ecken und Gässlein hat, gleichzeitig mausert es sich immer mehr zum hippen Quartier. In einem alten georgischen „Wohnzimmer“ befindet sich mein Lieblingscafé – klick in die Bilder, dann hast Du sie gross

Ich merke grad, dass die Geschichte der schwäbisch-pietistischen Auswanderer bestens zum Heiligen Abend passt. Als nämlich im Jahr 1806 rund 20’000 nach Osten auswanderten und dann 1817 nochmals 30’000, waren sie unter anderem vom Gedanken getrieben, dass die Endzeit nahe, und 1836 die Wiederkunft Christi zu erwarten sei. Man stellte sich den Südkaukasus als den Ort der Rettung vor, weil einerseits der Berg Ararat nach der Sintflut die Arche Noah geborgen hatte, und andererseits riet Christus in Palästina bei Vorträgen zur Endzeit seinen Jüngern, in die Berge zu fliehen. Nun, diese Prophezeihungen trafen nicht ein. Wir feiern noch heute Heilig Abend als Erinnerung an weit zurück liegende Zeiten.
Ich habe nur wenige Aspekte dieser Siedlerbewegung herausgepickt – wenn Dich das Thema interessiert, findest Du z.B. hier mehr Info
http://www.goethe.de/ins/ge/prj/dig/deindex.htm
https://de.wikipedia.org/wiki/Kaukasiendeutsche

Übrigens: bei unserer September-Rundreise 2017 gab es eine Teilnehmerin aus der Region Bern, deren Grossvater Ende 19. Jhdt südlich von Tiflis in grossem Stil Emmitaler produzierte!

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