Kutaisi

Region Imeretien, Westgeorgien. Wenn ich den Fluss Rioni jetzt sehe (siehe den Rioni im Juni-Blogbeitrag), dann kann ich mir nicht vorstellen, dass Jason und die Argonauten laut griechischer Mythologie von der Rioni Meeresmündung bei Poti mit ihrem Schiff bis Kutaisi fuhren. Der Fluss hat keinerlei Tiefe. Heute werde ich weiterfahren nach Nokalakevi, eine Variante, die für Wissenschaftler ebenfalls als möglicher Ort gilt, wo Jason die Familie der Medea getroffen haben soll.

Der Fluss Rioni im Oktober

Linkerhand vom Flussufer breitet sich Kutaisis heutiges Zentrum aus. Ich ging diesmal im Quartier des rechten Flussufers spazieren. Es muss zu Zaren- und Sowjetzeiten nobel gewesen sein, Gedenktafeln an Hausmauern künden von namhaften Bewohnern, die Strasse ist breit und hohe prächtige Bäume wiegen sich hinter den Mauern eines mittelgrossen Parks. Wo der Eingang sei? Fragte ich eine junge Mutter, die ihren schleckstengellutschenden kleinen Sohn auf der Strasse fotografierte. „Die vorherige Regierung hat das Gelände an die Chinesen verkauft. Seitdem ist der Park geschlossen und verwildert.“ Vielleicht haben die Chinesen vergessen, dass ihnen in Kutaisi ein schöner Park gehört?

Abends ass ich in einem kleinen indischen Restaurant, von indischen Medizinstudenten geführt. Der Koch sei jedoch echt, nun, ein wirklicher Koch. „Are you good with spicy?“ Kam der Student nochmal aus der Küche zurück. „Ich möchte es essen können“, war mein Kriterium, worauf er mich mit „Mild“ einschätzte. Er traf goldrichtig, die Kategorien Spicy und Indian Spicy wären wohl nichts für mich gewesen. Ob ich noch einen Nachtisch wolle? „An Indian chai Samosa?“ Ja, ein Tee wäre gut, dachte ich, und nickte. Chai (Tschai) heisst mindestens in Georgien und der Türkei Tee. Ich blickte wohl seltsam drein, als er mir nach einiger Zeit ein scharfes Gebäck mit süsser Fruchtsauce servierte.
Interessant war das Gespräch, das sich zwischen den Studenten und den Gästen am Nebentisch abspielte. Es waren junge Tamilen, die in Dubai arbeiten und in Georgien Ferien machten. Ob ein georgisches Medizindiplom erlaube in die EU zu gehen? „Leider nein. Nach Armenien und Aserbaidschan, ja.“ „Ein Freund meines Vaters arbeitet in Saudi Arabien“, meinte einer der Inder. „Da kommst du besser nach Dubai. Lebenshaltungskosten und Flüge sind günstiger.“

Westgeorgien_1

Einer Tour, deren Schwerpunkt im Westen Georgiens liegt, wollte ich schon lange auf die Spur gehen. Über den Rikotipass, der seit einiger Zeit von einem riesigen Tunnelbauprojekt drangsaliert wird, kam ich vor einigen Tagen in Kutaisi, der kulturellen Hauptstadt Westgeorgiens, an. Der Fluss Rioni führt von vergangenen Regenfällen rauschende Wassermassen durch die Stadt

Fluss Rioni in Kutaisi nach starken Regenfällen

Kaum angekommen, erinnere ich mich an die bequemen Sandalen, die zu Hause geblieben sind. Das subtropische Klima, welches ab Kutaisi den Schweiss treibt, war mir, 200 km östlich, leider nicht mehr präsent.

Ab Ende Juni bis Mitte September sind in Georgien Schulferien und das wird mit Ausflügen zelebriert: Schnatternd lachende Kinderhorden überraschen Sehenswürdigkeiten im ganzen Land. So auch Sataplia, den Naturpark unweit von Kutaisi. Fussabdrücke von Dinosauriern gibt es dort am Boden zu sehen und eine kleine Tropfsteinhöhle, und mir begann es so richtig zu gefallen, als ich mich auf einem schmalen Pfad, tief drinnen im dampfenden Buchenwald befand

subtropischer Buchenwald in der Region Imereti