Ich bin entrüstet. Was sich seit ein paar Wochen in Georgien abspielt, geht auf keine Kuhhaut, bzw. es geht auf Kosten der georgischen Bevölkerung.
Wer will da was? Auf russische Provokation folgt georgischer Angriff, folgt russische Sanktion: Seit 8. Juli keine Flüge mehr aus Russland nach Georgien. Folgt eine georgische Provokation, ein Journalist auf privatem georgischem TV Sender verflucht Putin und seine ganze Familie aufs Schlimmste. Folgt der Beschluss des russischen Parlaments: Kein Import mehr von Borjomimineralwasser und Wein, Geldtransfers von Russland nach Georgien (es leben und arbeiten rund 1 Mio Georgier*innen in Russland) sollen verboten werden.
Der Parlalmentsbeschluss wird von Putin wieder aufgehoben. Vermutlich ging dem Parlament in der Hitze des Gefechts unter, dass die Borjomifabrik und fast alle grossen georgischen Weinfabriken in russischen Händen sind. Auch mit dem Verbot der Geldtransfers hätten sich die Russen kein Geschenk gemacht.
Im 1. Russischen Fernsehen erzählte Putin gestern die georgische Geschichte neu: Die von Russland besetzten Gebiete Georgiens waren schon immer unabhängige Gebiete, Russland schützt diese vor dem georgischen Aggressor. Für alles was in den letzten Wochen passierte, fordert Russland Entschuldigungen von Georgien. Das Land wird nach Strich und Faden klein gehauen. Dabei schluckt es schon lange viel, um sich nicht in Gefahr zu bringen: das konstante Verschieben russischer grüner Grenze ins Landesinnere, zum Beispiel. Pikant: Auch von den USA wurde Georgien sehr gerügt, wenige Tage bevor die Konferenz orthodoxer Staaten in Tiflis ihren Anfang nahm.
Wie es der Bevölkerung dabei geht? Nun, das mit den gestrichenen Flügen und Putins Mahnung an russische Reiseunternehmen Georgien aus dem Angebot zu nehmen, wird viele treffen. Die Russen machten bis anhin den grössten Teil der Touristen aus. Zwar gibt es durchaus Unmut in der russischen Bevölkerung, dass ihnen ihr Lieblingsferienland verboten wird (per Auto ist die Einreise nach wie vor möglich) aber die russische Propaganda wird bestimmt nichts dem Zufall überlassen. Für die Georgier*innen ist dieses Jahr klar: „Wir machen Ferien im eigenen Land!“ Und für andere touristisch wichtige Länder (z.B. Usbekistan, Kasachstan, Polen) werden Sonderangebote ins Auge gefasst – so schnell lässt man sich nicht unterkriegen.
Ansonsten nimmt hier der Alltag seinen normalen Verlauf. Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich selber betroffen vom Seilziehen interner und fremder Mächte. Spüre, wie leicht das Schicksal einer Gesellschaft verändert werden kann.
Ganz wichtig: Es besteht keine Gefahr für Touristinnen und Touristen. Kommt weiterhin zahlreich und unterstützt damit die georgische Bevölkerung!
