Ha! Gewagt und gewonnen. 4 Lanzeitfilme und 4 Kurzfilme hab ich gesehen. Aus Kanada, der Ukraine und Georgien. Der Kanadische war Zufall, denn der Französische, den wir sehen wollten, war schon ausverkauft. Im ukrainischen Film „Falling“ von Marina Stepanska, 2017, berührte mich folgende Szene: Wir sind in Kiew. Katya, die junge Ukrainerin, übersetzt ihrem Freund aus Berlin einen Liedtext: „… viele Künstler mussten sterben, weil sie ihrer Seele gefolgt sind… und er verlor seine Seele, um zu überleben…“ Der deutsche junge Mann konnte nichts mit dem Text anfangen, während es für sie sehr wichtige Worte waren. Verknüpft mit der Geschichte ihres Landes, Teil des ukrainisch-gesellschaftlichen Gedächtnisses. Das Sich-allein-fühlen der jungen Frau war in diesem Moment so greifbar. Die Situation erinnerte mich an Wachos Worte „Etwas sehr Schönes in binationalen Beziehungen ist die Kultur des anderen, sie verführt, und gleichzeitig ist sie das Schwierigste“.
Das junge georgische Filmschaffen hab ich durch die Kurzfilme und einen 90minüter verfolgt. Randgruppen wurden aufgestöbert, Tabus gezeigt. Georgische Prostituierte, Einwanderer aus Afrika, alleinerziehende Väter, Slumzustände vor der Stadt. Mit grosser Konzentration und Ruhe. So habe ich Orte gesehen, die ich kenne, mit anderen Augen. Zu einer anderen Tageszeit. Und ich habe Orte gesehen, die ich noch nie gesehen habe.
Den Abschluss hab ich mit Wacho gemacht. Ich hab ihn quasi genötigt, mit mir den neuesten Film „The Chair“ des arrivierten Eldar Shengelaia (Georgien) anzuschauen. Er ist über 70. Seine Komödie über das Kommen und Gehen der hiesigen Politiker war luftig und leicht, gleichzeitig erzählte er keine Sekunde etwas, das nicht schon alle wussten. Für mich war eindrücklich, wie offensichtlich die Politiker, so bald sie „ihren Stuhl“ bekamen, rein gar keine Pläne hatten. „Auf dem Stuhl sitzen“ war Alles. Shengelaia sass selbst zwei Mal im Parlament.