Ich fühlte mich hier von Anfang an gut aufgehoben. Zwei Orte jedoch, an welchen ich mich jedesmal mutterseelenallein und verlassen bis zu den Tränen fühlte, waren die Arztpraxis und die Bank. Ich verstand nicht und fühlte mich nicht verstanden. Selbst im anthroposophischen Praxishaus, zu welchem ich von der Schulmedizinärztin mit wehenden Fahnen flüchtete, fühlte ich mich noch vor einem Jahr während eines Ultraschalls zitternd verlassen. Ich war gestern wieder dort.
Zehn Minuten vor meinem abgemachten Termin rufe ich die Ärztin an und informiere sie, dass ich erst eine Stunde später kommen kann. -Kein Problem, komm eine Stunde später. An der Rezeption werde ich mit dem Vornamen begrüsst und gleich zur Ärztin geschickt. Sie hat Zeit. Wie’s mir gehe? In zwei kurzen Sätzen fasse ich die positive Situation zusammen. Oh, sie habe Gäste aus der Schweiz gehabt und habe mit ihnen eine kleine Tour ans Meer gemacht – ich bekomme viele wichtige Informationen zu schönen Stränden, dann gings weiter nach West- und Ostgeorgien – am Schluss habe ich viele Notizen, den Namen von einem Botaniker und Bergsteiger und den Namen von einem Spezialisten für Wildvögelbeobachtung. Wunderbar. Ihre Erlebnisse und meine haben sich während des Erzählens ineinandergeflochten. Ich lenke das Gespräch auf meinen Körper, deswegen war ich eigentlich da. Kurze Anmerkung, Anna* spricht fliessend Deutsch, sie war schon oft in Arlesheim, der Anthroposophenhochburg, und hat vielleicht auch in Deutschland einen Teil ihres Medizinstudiums gemacht. Ich weiss es nicht genau.
Sie begleitet mich zur Frauenärztin, Manana*, die nur georgisch redet. Natürlich tausche ich mich mir ihr aus, aber es ist begrenzt und ich bin froh, dass Anna genau übersetzen kann. Das ganze Programm, und wir sind beim Ultraschall angelangt. Es geht dafür wieder in ein anderes Zimmer, denn für den Ultraschall gibt es eine Spezialistin. Wie vor einem Jahr sind drei Frauen neben mir. Die Ultraschallfrau sitzt neben mich aufs Untersuchungsbett und mein aufgestütztes Knie lehne ich diesmal einigermassen gemütlich an ihre Schulter. Die drei schauen in den Bildschirm und ich höre Georgisch, das ich teils verstehe und teils nicht verstehe, Ana übersetzt das aus ihrer Sicht Wichtige. Mein Körper blieb warm. Ich begann nicht zu zittern und die Anwesenheit der drei Frauen war für mich angenehm. Ui, schön. Und wisst Ihr was?
Bei der Bank letztes Mal ging es auch ganz gut. Es ist zwar dort viel formeller, aber ich kenne mittlerweile die Abläufe und wir kennen uns langsam.
Zwei Jahre Georgien sind halt doch zwei Jahre Georgien.
*die Namen entsprechen nicht der Realität
Impressionen vom Anthroposophischen Therapiehaus, Tbilisi