Vor einiger Zeit, zur Zeit der letzten Terroranschläge in Europa, wurde ich per email gefragt über die Sicht in Georgien auf diese Geschehnisse. Sorry, dass meine Antwort ziemlich verspätet kommt – ich hoffe, das Thema sei für Euch immer noch relevant.
Für die Leute hier war es bis zu diesem Zeitpunkt schwer vorstellbar, dass Westeuropa so verletzlich sein könnte. Für was gibt es die Polizei und was bitte machen die Geheimdienste? Wie konnte so was geschehen? Hier, wo alle meinen, in Europa laufe alles wie am Schnürchen, alles geordnet, alles geplant, alles im Griff – waren man und frau schockiert und sehr betroffen. Menschen wie die GeorgierInnen, denen vom Sowjetsystem Geheimdienste noch bestens bekannt sind, haben die Erwartung, dass diese solche Geschehnisse verhindern können müssen. Meine Schwiegermutter erzählte mir, dass in den russischen Fernsehnachrichten gesagt wurde, dass in Europa die Geheimdienste schlafen würden. Tja. Ich kann es nicht beurteilen.
Was hier ebenfalls nicht verstanden wird, ist folgendes: Wie kann es sein, dass Europa so viele Muslime in seine Länder lässt? Für Georgien waren muslimische Völker über Jahrhunderte die Gefahr Nummer 1, und in Europa werden sie zu tausenden empfangen. Für was? Das stellt ihnen die Nackenhaare auf. Dass Europa sich vorstellt, Muslime langfristig sinnvoll als Arbeitskräfte und MitbürgerInnen integrieren zu können, schätzt man hier als Illusion ein, milde gesagt. Das georgische Volk hat unter grossen Opfern immer dafür gekämpft sich selbst zu bleiben, trotz Persern, Mongolen, Osmanen und Türken, die hier schon geherrscht haben. Es kann nicht nachvollziehen, wie Europa sich am Leben erhalten will durch die Integration von Leuten aus anderen Kulturen. Im Sinne von: Was nützt es, sich am Leben zu erhalten, wenn man nachher nicht mehr ist was man war?
Spürt Ihr, dass hier ein anderer Wind weht? Und an eine Integration glaubt hier sowieso niemand. Selber ein Auswanderungsland, will sich aus georgischer Sicht kein Flüchtling und kein Asylant und kein Ex-Pat jemals in eine andere Kultur integrieren. Man profitiert wirtschaftlich und/oder bildungsmässig, der Rest ist Beigemüse.
– Schauen wir, wie sich die Dinge langfristig entwickeln.
A propos Gemüse: Mein Vater hat mir letzten Sonntag von wunderbaren badischen Spargeln erzählt… mit selbst gemachter Mayonnaise, Schinken und frischem Brot – da läuft mir das Wasser im Mund zusammen… hier sind Spargeln nicht sehr verbreitet, und weisse habe ich noch gar nie gesehen. Eine Marktlücke?