Letzten Samstag war Gedenktag der Toten. Ich und Wacho gingen zusammen mit seinem Vater zu den Gräbern der Grosseltern/Eltern. Die Gräber der zwei Familien sind auf unterschiedlichen Friedhöfen, jedoch beide nicht sehr weit von unserem Wohnort, ein bisschen ausserhalb der Stadt. Beide Friedhöfe liegen am selben Hügelzug, es war neblig. Auf dem Weg besorgten wir Blumen. Den Wein, den es für diesen speziellen Besuch ebenfalls braucht, hatten wir bereits dabei.
Über kurviges Gelände, in dessen Morast sich gerne Off-Roader ausprobieren, gelangten wir zum ersten Friedhof. Er ist gross, wir fuhren mit dem Auto durch einige löchrige Strassen, bevor wir zu „unserem“ Grab kamen. Sehr oft sind die Portraits der Verstorbenen in die Grabsteine gemeisselt. Viele Eltern schauen noch zu Lebzeiten, dass für ihr Grab alles bereit ist: so lässt es sich vielleicht ruhiger sterben.
Vom mitgebrachten weissen Hauswein wird ein kleines Glas gefüllt. Der Vater macht einen Trinkspruch auf die Toten, trinkt einen Schluck und verteilt den Rest über die zwei Gräber. Weitere Trinksprüche folgen: Auf die Gesundheit der Familie, dass es allen, im Diesseits und im Jenseits, gut gehen möge. Immer wird der Wein mit den Verstorbenen geteilt. Es folgen die Blumen, die vor den Grabstein gelegt werden und Kerzen werden angezündet. Gleichzeitig nimmt man die Gelegenheit wahr um die Grabsteine abzureiben damit sie wieder glänzen und das Grab zu jäten. Die alte Pet-Flasche voll Wein, die auf dem Grab lag als wir kamen, wird entsorgt.

Am zweiten Grab machten wir dasselbe Ritual. Auch ich bekam einen Schluck Wein ab. Den Rest des Weins liessen wir dort.

In der Bildmitte ist ein Tischlein zu sehen. Am Ostersonntag kommen die Leute zu ihren Familiengräbern mit viel gutem Essen und Getränken. Die Auferstehung Christi wird zusammen mit den Toten gefeiert.

Seit dem 4. Jhd. ist das Kreuz, das die heilige Nino aus zwei Weinrebenästen zusammengebunden hat, wichtiges Symbol der georgischen Orthodoxie. Der Wein kommt also nicht von ungefähr auf die Gräber…





