Meine Freundin

Am Sonntag vor einer Woche habe ich sie kennengelernt. Zuerst dachte ich, sie gehöre zu einem Mann, der hinter ihr spazierte. Wir gingen ein Stueck Weg zusammen und irgendwann schaute ich zurück, wo denn ihr Herrchen sei. Da war keiner weit und breit. Sie begleitete mich bis zum Park, wo ich und Wacho sonntäglich joggen. Leider kann mich Wacho im Moment nicht begleiten, weil er sich ein Bandscheibenleiden zugezogen hat. Sie rannte mit mir die wenigen Runden, die ich letzten Sonntag vermochte. Sie ist weiss. Nicht strahlend weiss, denn sie ist eine Strassenhündin. Aber hübsch. Das fand auch ein schwarzer Labrador, der sich ihr, immer wenn sein Herrchen uns kreuzte, spielerisch zuwandte. Sie hat am Bauch gut sichtbare Zitzen. Ihre Mutterfreuden sind vermutlich noch nicht allzu lange her. In der Baumlichtung, nach dem Rennen, legt sie sich hin und lässt mich meine Übungen machen. Es ist schön, Tai Chi in dieser neuen Umgebung zu praktizieren. Als ich beim Dehnen fast auf dem Boden sitze, legt sie ihre Vorderpfoten zärtlich auf meinen Oberschenkel. Ich bin verdutzt, denn ehrlich gesagt habe ich nicht viel Erfahrung mit Hunden. Mit dem Gebiss umfasst sie sanft meine Hand und schliesst die Lippen. Ich habe keine Angst, es ist einfach neu.
weisser-hund-4710e367[1](so ähnlich sieht Chatuna aus, nur ein wenig älter…)
Ob ich sie wieder sehen werde? Fragte ich mich heute morgen auf dem Weg zum Park. Sie kann ja nicht wissen, dass heute wieder Sonntag ist. Und da, plötzlich, ein weisser Hund, und ja, sie ist es. Wir erkennen uns gegenseitig und freuen uns. Sofort legt sie sich auf den Rücken und zeigt mir ihren Bauch. Ich habe noch nie einen Hundebauch berührt. Sich mir so zu schenken. Wunderschön. Im Gegensatz zu ihrem staubigen Fell ist ihre Haut sehr zart, weich und warm. Ich spüre die inneren Organe. Welch Zutrauen.

Zusammen gehen wir zum Park. Heute kann ich schon zwei Runden mehr rennen, ich bin wirklich wieder kräftiger. Chatuna (georgischer Name), so nenne ich meine weisse Freundin, hat heute einen ebenfalls weissen Spielgefährten. Ein schönes Bild, hier unter den grünen Bäumen. Als wir den Park verlassen, wende ich mich ihr zu, knie mich runter und streichle ihren Kopf. Mit einer flinken Bewegung liegt sie bereits wieder auf dem Rücken und streckt mir alles von ihrem Körper entgegen, das sonst so gut geschützt ist. Ich lege eine Hand auf ihren Bauch und die andere auf ihre Brust. Ich höre ihren Herzschlag. Den Kopf hat sie zurück gebogen und die Augen geschlossen. Sie nimmt diese Berührungen auf, als hätte sie so etwas schon lange nicht mehr genossen. Ich fühlte tiefe zärtliche Gemeinschaft.

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